Paketdienste in Zeiten der Krise(n): Back to the basics!

Der Wettbewerb ist stark, das Wirtschaftsumfeld schwach – was wächst, sind vor allem die Kosten: Die Paketdienste kämpfen alle mit den gleichen Herausforderungen. Wie können sie ausreichend profitabel sein? Fakt ist: Die Paketdienste sind gefordert, bis auf die dritte Stelle hinter dem Komma zu kalkulieren. Gelingen kann das nur, wenn sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.

Nach wie vor lockt das B2C-Geschäft mit seinen Wachstumsraten, die derzeit vom Erfolg großer Online-Handelsplattformen getrieben sind. Die Anbieter verfügen über eine enorme Marktmacht, können niedrige Preise und ein hohes Servicelevel einfordern. Gleichzeitig liegen die Kosten pro Zustellung deutlich höher als im B2B-Bereich. Mit dem Ergebnis, dass die Profitabilität der Dienstleister leidet. Sich stärker im B2B-Geschäft zu engagieren, kann da die richtige Entscheidung sein – auch wenn die Mengen von Geschäftskunden eher stagnieren und sich im Moment alle Paketdienste auf dieses Segment stürzen.

Das Problem liegt tiefer. Manche Paketdienste arbeiten bereits nicht mehr kostendeckend, stehen tief in den roten Zahlen oder müssen zumindest Rückgänge in den Ergebnissen hinnehmen. Ein Grund ist, dass während der Pandemie zusätzliche Kapazitäten geschaffen wurden, die heute nicht mehr adäquat sind. Kapazitäten abzubauen ist schwieriger als aufzubauen. Dennoch müssen sie den Mengen entsprechend angepasst werden. Vor allem die Streichung von Stellen ist ein schmerzhafter Schritt, aber unvermeidbar. Hinzu kommen Restrukturierungsmaßnahmen.

Im Fokus muss dabei immer stehen: Kosten konsequent zu optimieren und Kapitalinvestitionen nach strengen Kriterien zu tätigen. Es geht nicht nur um Cost Cutting, sondern insbesondere auch um Effizienzsteigerungen und die Optimierung des Sales-Mix.

Konzentration aufs Wesentliche

Paketlogistik ist ein Mengen- und Massengeschäft, das im System so effizient wie möglich abgewickelt werden muss. Flexibilität sowohl in der Abholung als auch in der Zustellung funktioniert nur solange, wie sie den hocheffizienten Fluss der Pakete nicht stört. Die klassischen Paketdienste tun deshalb gut daran, sich gerade jetzt auf ihr Kerngeschäft zu besinnen. Alles Überflüssige gilt es abzuwerfen.

Oder gar nicht erst damit zu starten – etwa das Angebot stärker zu diversifizieren: Fulfillment-Dienste oder Services für Nischenmärkte wie Lebensmittelzustellung, medizinische Lieferungen oder Expressdienste erfordern Wissen, Praxiserfahrung und den kostspieligen Aufbau entsprechender Infrastrukturen. Hochspezialisierte Anbieter sind hier bereits am Markt. Auch in branchenspezifische Lösungen wie die Zustellung von Möbeln einzusteigen, ist nicht sinnvoll. Die Abwicklung lässt sich nicht standardisieren und ist teuer. Wichtig ist: Aufgenommen werden sollten immer nur Mengen, die systemkonform produziert werden können.

Convenience trotz Kostenoptimierung

Statt in Produkte sollte in die Produktivität investiert werden. Früher galt der Grundsatz „Vorlauf schlägt Nachlauf“. Heute ist der Nachlauf entscheidend, also die Nähe zum Zustellpunkt in Verbindung mit der Tourenoptimierung, um den hohen Serviceanforderungen zu entsprechen. Engmaschige Depotstrukturen im ganzen Land sind und bleiben zentral, um eine flächendeckende und schnelle Zustellung zu gewähren. Standortschließungen sind also keine Lösung, um Kosten zu optimieren. Wohl aber die weitere Digitalisierung, die Automatisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

Gerade auf der teuren letzten Meile treibt KI die Innovationen und ist eine entscheidende Stellschraube zur Steigerung von Effizienz und Servicequalität. Algorithmen optimieren immer mehr Aspekte der Tourenplanung und helfen, Lieferrouten während der Zustellung in Echtzeit anzupassen. Fahrer werden unterstützt und entlastet, vergebliche Abholungen und Zustellungen minimiert. Künftig könnte KI Paketempfängern auch Vorschläge machen, wo sie wann ihr Paket am bequemsten entgegennehmen können.

Geht es um guten Zustellservice, geht es immer auch um Packstationen, die zunehmend zum Teil der Infrastruktur in einer digitalen Welt werden. Doch so wichtig sie auch sind: Es ist nicht die richtige Zeit, intensiv in eigene Paketautomaten zu investieren. Zumal Paketdienste bereits in der Vergangenheit versucht haben, Netze selbst aufzubauen. Es war immer ein Minus-Geschäft. Eine gute und effiziente Sache ist dagegen, Packstationen mitzubenutzen.

Geschwindigkeit und Auslastung

Ein Paket innerhalb einer Regellaufzeit von 24 Stunden zuzustellen, ist der bestehende Standard-Service der Paketdienste. Angesichts des Kostendrucks stellt sich die Frage, ob solche Laufzeiten tatsächlich immer notwendig sind. Denn der Verbraucher will vor allem Zuverlässigkeit in der Zustellung, nicht aber unbedingt Geschwindigkeit.

Die Bündelung von Paketen über den Wochenverlauf könnte deshalb ein marktverträglicher Weg sein, um effizienter zu produzieren. Mengenschwankungen innerhalb der Woche, die gerade im B2C-Bereich typisch sind, werden besser austariert und die Systeme konstanter ausgelastet.

Es würde bei dem Versender liegen zu entscheiden, welches Zustelltempo ihm zu welchem Preis wichtig ist. Schneller bedeutet Express und teurer; Standard heißt langsamer, aber günstiger. Das gelingt aber nur, wenn die Zuverlässigkeit zu einem hohen Prozentsatz sichergestellt ist.

Fazit: In Zeiten der Krisen gilt für Paketdienste eigentlich nur ein Motto: „Back to the basics – Konzentration auf das Wesentliche“ bei Bewahrung einer hoher Qualität und Zuverlässigkeit. Die Rentabilität darf dabei nicht aus den Augen verloren werden.

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