Warum fehlt eigentlich überall Personal?

Und was können wir dagegen tun?

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) konstatiert: Zum Ende des zweiten Quartals 2022 waren in Deutschland mehr als 1,9 Millionen Stellen nicht besetzt – so viele wie noch nie. In fast allen Branchen ist der Personalbedarf gestiegen. Ob in Restaurants, am Flughafen oder im Krankenhaus – einfach überall fehlt Personal. Und dabei geht es nicht nur um fachlich versierte Kräfte, sondern auch um Ungelernte, Hilfsarbeiter oder Studierende, die kellnern oder anderswo aushelfen. Das bleibt nicht ohne Folgen, weder für die betroffenen Unternehmen noch für die Volkswirtschaft insgesamt.

Wettbewerb um Arbeitskräfte verschärft sich – weltweit

Der Grund für diese Entwicklung ist lange bekannt: der demografische Wandel. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt, die Baby-Boomer-Generation scheidet langsam aus dem Arbeitsleben aus während junge Menschen nicht mehr in ausreichendem Maße nachkommen.

Die Zahl der Menschen im Alter ab 67 Jahren stieg in Deutschland zwischen 1990 und 2018 um 54 Prozent – von 10,4 auf 15,9 Millionen. Bis 2039 wird sie um weitere 5 bis 6 Millionen auf mindestens 21 Millionen wachsen . Alleine in den nächsten 15 Jahren werden etwa 20 Millionen Arbeitnehmer das offizielle Renteneintrittsalter erreichen.

Mit dieser Entwicklung ist Deutschland nicht allein: Viele andere Staaten kämpfen mit demselben Problem. Nur in wenigen Ländern wie dem Iran oder einigen Staaten in Afrika wachsen genug junge Menschen auf, um die freien Stellen auf dem nationalen Markt besetzen zu können.

Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt

Corona wirbelt die Wirtschaft seit vielen Monaten durcheinander: Das Geschäft ist in manchen Branchen wie dem Tourismus und der Gastronomie fast komplett zum Erliegen gekommen. In vielen Feldern wurde auf Kurzarbeit umgestellt, in anderen Bereichen, zum Beispiel im Gesundheitswesen, gab es wiederum eher zu viel als zu wenig zu tun. Es gab viele Gründe, warum Mitarbeitende häufiger als sonst den Job quittiert haben oder in andere Branchen abgewandert sind.

Diese Erschütterung hat den Arbeitsmarkt schwer getroffen: In Deutschland sind inzwischen mehr als 1,9 Millionen Stellen ausgeschrieben. Zwei Drittel der Betriebe spüren den Personalmangel. Bis zum Jahr 2025 werden voraussichtlich rund 2,9 Millionen Arbeitskräfte am deutschen Arbeitsmarkt fehlen . Gegen 2031 wird die Lücke mit 3,6 Millionen fehlenden Arbeitskräften voraussichtlich ihren Höhepunkt erreichen.

Abhilfe durch Beschäftigungschancen

Gegenläufige Trends und ein beherztes Gegensteuern könnten den tiefen Fall abmildern: Wenn sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter verbessert, kehren Mütter früher ins Arbeitsleben zurück. Auch ältere Menschen stehen dem Arbeitsmarkt schon heute immer länger zur Verfügung – eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ist im politischen Diskurs längst angekommen.

Durch den digitalen Wandel verändern sich viele Jobprofile. Aufgaben werden automatisiert und der Fachkräftebedarf in bestimmten Bereichen reduziert. Gleichzeitig entstehen aber auch neue Arbeitsplätze – in erster Linie für Höherqualifizierte. Welcher Effekt letztlich überwiegen wird, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Mit einer Verbesserung der Beschäftigungschancen gilt es in Zukunft mehr Arbeitnehmer:innen im beständigen Arbeitsprozess zu halten als heute. Dafür braucht es eine größere Durchlässigkeit zwischen Fachrichtungen und Berufen. Lebenslanges Lernen gilt es zu fördern und zu fordern.

Zuwanderung gezielt gestalten

Um den Personalmangel zu lindern, wird häufig die Zuwanderung von Fachkräften ins Spiel gebracht. Die gezielte Anwerbung von Personal für die am meisten benötigten Berufe kann durchaus ein probates Mittel sein, um die Effekte des Arbeitskräftemangels wenigstens etwas abzufedern.

In der Vergangenheit hat sich jedoch gezeigt, dass Versuche, den Arbeitskräftemangel durch Zuwanderung auszugleichen, nur begrenzten Erfolg versprechen. Durch den demografischen Wandel sinkt die Zahl der Menschen im typischen Berufsalter in Deutschland pro Jahr um fast 150.000. Um diese Entwicklung auszugleichen bräuchte es etwa 400.000 Zuwanderer pro Jahr – und damit deutlich mehr als es derzeit der Fall ist.

Hinzu kommt, dass in den meisten Ländern Fachkräfte für die gleichen, nämlich für die am meisten benötigten Berufe knapp sind. Dennoch können mobile Arbeitskräfte insbesondere in Grenzregionen dazu beitragen, diesen Bedarf zu decken.

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